Esssucht wird seitens der Medizin als psychische Störung eingestuft, was damit begründet wird, dass Personen, die darunter leiden, dass übermäßige und zügellose Essen als Ersatzbefriedigung empfinden. In vielen Fällen lässt sich bei an Esssucht erkrankten Personen bereits seit der Kindheit ein gestörtes Essverhalten nachweisen, sei es, weil die Eltern dem Kind ein falsches Essverhalten beigebracht haben oder weil das Kind schon in jungen Jahren begonnen hat Essen gegen Frustration einzusetzen. So sind von Esssucht insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene betroffen und in der Regel mehr Frauen als Männer.
Studien zur Prädisposition, also zur Anfälligkeit an einer Esssucht zu erkranken, haben gezeigt, dass verschiedene charakterliche Merkmale ein Risiko bergen. Dazu gehören eine geringe Selbstachtung und ein schwaches Selbstwertgefühl, Perfektionismus, Schwarz-Weiß-Denken und Impulsivität. Perfektionismus birgt ein hohes Frustrationsrisiko, Schwarz-Weiß-Denken verengt den Blick auf die eigene Situation und Denk- sowie Handlungsperspektiven und die Impulsivität verleitet Menschen zu affektiven und nicht vernunftgesteuerten Handlungen.
Esssüchtige haben das Gefühl für vernünftiges Essverhalten verloren, Hunger- und Sättigungsgefühl gehen verloren und Genuss kann mit der Nahrungsaufnahme nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Während der Essattacken nehmen Betroffene zügellos die vielfache Menge ihres täglichen Kalorienbedarfes zu sich und verlieren jede Kontrolle über ihr Essverhalten. So wird ein Teufelskreis in Gang gesetzt. Der Esssüchtige isst gegen den Frust, der sich nach der Attacke nur noch mehr verstärkt, da Schuld- und Schamgefühle einsetzen.
Das gestörte Essverhalten führt zu einem Gefühl von Andersartigkeit und Einsamkeit. Die Betroffenen verheimlichen ihre Essanfälle und ziehen sich bedingt dadurch immer mehr aus dem sozialen Leben zurück. Darüber hinaus ist bei der Mehrheit der Esssucht-Patienten eine Adipositas die Folge. Das massive Übergewicht kann zu weiteren Schamgefühlen führen. Zudem kann es zu einer Frustration darüber kommen, dass man zu schwach ist, den Essattacken zu widerstehen – ein Gefühl von Macht- und Mutlosigkeit macht sich breit. Im schlimmsten Fall können sich diese Gefühle in einer Depression manifestieren.
Guido Maiwald