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Gewichtsabnahme bei Esssucht
Adipositas ist eine Begleiterscheinung der Esssucht. Eine Gewichtsabnahme ist nur nachhaltig, wenn die Ursachen der Essstörung identifiziert werden.
Esssucht

Gewichtsabnahme bei Esssucht

Übergewicht und Adipositas sind häufige Begleiterscheinungen einer Esssucht. Da Übergewicht und Adipositas zahlreiche Gefahren für den Gesundheitszustand des Patienten mit sich bringen können, wie etwa Arteriosklerose, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Herz- und Hirninfarkt sowie Erkrankungen der Wirbelsäule und Gelenke, empfiehlt es sich eine Gewichtsabnahme bei der Behandlung einer Esssucht.

Alleinige Ernährungsumstellung in der Regel nicht ausreichend

Patienten, die aufgrund einer Esssucht an Übergewicht oder Adipositas leiden, nutzen das Essen als Versuch, ihre Seele ins Gleichgewicht zu bringen. Zwar ist die Esssucht in vielen Fällen auch auf ein früh erlerntes und falsches Essverhalten zurückzuführen, doch führt eine alleinige Diät oder Ernährungsumstellung bei den meisten Menschen mit Esssucht nicht zum Erfolg. Vielfach erhöhen die Betroffenen sogar ihr Gewicht, wenn die Diät abgebrochen wird.

Die Ursache der Esssucht ist in der Regel eine psychische Störung und nicht nur Folge falschen Essverhaltens. Ein schlechtes Selbstwertgefühl, Schuld- und Schamgefühle aufgrund des eigenen Übergewichts und der heimlichen Essattacken sowie beruflicher und privater Stress sind häufig Auslöser für das in der Fachwelt als Binge-Eating Syndrom bezeichnete Krankheitsbild. Die Betroffenen haben oftmals nicht gelernt, mit negativen Stimmungen und Gefühlen umzugehen. So nutzen sie Essattacken, um sich für kurze Zeit ein Gefühl der Erleichterung zu verschaffen – ein gefährlicher Teufelskreis für Körper und Psyche.

Impulsivität und Esssucht

Studien verdeutlichen, dass bei Personen mit einer diagnostizierten Esssucht Zonen im Gehirn besondere Aktivität zeigen, die dem Belohnungssystem zugeordnet werden. Dieses reagiert auf natürliche Belohnungsreize wie z. B. Nahrung. Die Medizin spricht an dieser Stelle von impulsivem Verhalten, also einem Verhalten, welches unkontrolliert auf Reize reagiert.

Diese Impulsivität kann bei den meisten Esssüchtigen auch auf andere Lebensbereiche bezogen werden. Die medizinische Forschung konnte zeigen, dass weder Diäten, noch bariatrische Operationen wie etwa die Verkleinerung des Magens oder eine teilweise Entfernung des Dünndarms Einfluss auf die Impulsivität des Patienten haben. Solche Methoden der Gewichtsreduktion greifen also bei Patienten mit einer Esssucht zu kurz.

Psychische Aspekte bei der Gewichtsabnahme

Diäten und Sport sind also ohne eine psychologische Behandlung des Patienten in der Regel nicht zielführend bei der Gewichtsreduktion. Vielmehr gilt es, die tiefer liegenden Ursachen der Esssucht und Essattacken zu ergründen, um das sogenannte „emotionale Essen“ zu verhindern. Vielfach wird durch Diäten das Essen von Betroffenen als Feind erachtet. Auch diese Umdeutung ist gefährlich, kann sie doch zu anders gelagerten Essstörungen führen. Ziel sollte es sein, Patienten einer Esssucht wieder ein selbstbestimmtes und gesundes Essen beizubringen, bei dem Gefühle wie Hunger, Sättigung und Genuss normal sind.

Bei vielen psycho- und ernährungstherapeutischen Ansätzen wird zunächst versucht, die Gefühle zu lokalisieren, die für die Esssucht verantwortlich sind. Im Anschluss wird gemeinsam mit dem Patienten versucht, diese Gefühle in andere Bahnen zu lenken als in impulsives Essverhalten. Ziel ist es, erlernte Verhaltensmuster zu durchbrechen und durch andere Verhaltensmuster zu ersetzen. Erst wenn diese psychischen Barrieren bearbeitet werden, kann es zu einer langfristigen und nachhaltigen Gewichtsreduktion kommen. Dies kann nach einer erfolgreichen Behandlung der Essanfälle durch eine ausgewogene Ernährung, Ernährungsprotokolle und Sport unterstützt werden.

Gewichtsabnahme nach erfolgreicher Behandlung der Essanfälle

Patienten haben die Möglichkeit sich bei der Gewichtsabnahme Unterstützung z. B. in Form einer Ernährungsberatung zu suchen, um eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu erlernen. Helfen kann hier in vielen Fällen auch das Führen eines Ernährungsprotokolls.

Bei stark übergewichtigen Patienten sollte die Bewegung nach und nach gesteigert werden. So kann es zunächst schon hilfreich sein, Bewegung in den Alltag zu integrieren, z. B. in Form von häufigeren Spaziergängen oder Treppensteigen. Die Teilnahme an Sportprogrammen in der Gruppe kann förderlich für die Motivation sein. Das gemeinsame Verfolgen eines Ziels stellt für viele Menschen einen zusätzlichen Ansporn dar. Darüber hinaus kann Stressabbau hilfreich sein, Gewicht zu verlieren und wieder in Einklang mit seinem Körper zukommen. Eine Möglichkeit ist z. B. die progressive Muskelentspannung nach Jacobson.

Guido Maiwald