Studien haben gezeigt, dass die Behandlung einer Esssucht, in der Medizin auch als Binge-Eating bezeichnet, nur erfolgreich ist, wenn physische und psychische Therapieverfahren zur Anwendung kommen. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich bei der Esssucht um eine psychische Erkrankung, bei der der Betroffene versucht, psychische Problemlagen wie Stress oder ein schlechtes Selbstwertgefühl mithilfe von Essattacken zu verdrängen.
Das wichtigste Therapieverfahren bei der Behandlung von Esssucht ist die kognitive Verhaltenstherapie. Diese Therapie kann sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden. Bei Patienten mit massiven psychischen und/oder körperlichen Problemen empfiehlt sich jedoch eine stationäre Behandlung, bei der der Patient für die Dauer der Behandlung in der Klinik verbleibt.
Die Ziele der Behandlung einer Esssucht umfassen in der Regel eine Behandlung der Symptome, psychischer Beschwerden und Störungen sowie eine Vermeidung von Rückfällen. Da bei vielen Binge-Eating-Patienten Übergewicht oder Adipositas diagnostiziert wird, ist ein wichtiges Ziel die Gewichtsreduktion. Mithilfe ernährungspsychologischer Therapieansätze soll zudem die Häufigkeit der Essanfälle eingedämmt werden.
Weitere psychische Problemlagen wie etwa Scham- oder Schuldgefühle sowie ein schlechtes Selbstwertgefühl, die eine Esssucht häufig begleiten, werden psychotherapeutisch behandelt. Falls psychische Störungen während der Therapie erkannt werden, wie etwa eine Depression oder soziale Ängste, so werden diese ebenfalls psychotherapeutisch behandelt.
Um eine Esssucht zu behandelt, wird in der Regel die Psychotherapie eingesetzt. Sie kann in Form von Gruppen- oder Einzelsitzungen stattfinden und geht in vielen Fällen mit einer Ernährungstherapie einher. Die Patienten sollen lernen, ihre Essanfälle zu kontrollieren und sich gesund zu ernähren.
Die Grundannahme der kognitiven Verhaltenstherapie als Element der Psychotherapie ist, dass falsches Essverhalten erlernt wurde und somit auch wieder verlernt werden kann. Ziel ist demnach eine Umkonditionierung der Essgewohnheiten des Patienten. Er muss lernen, psychische Problemlagen nicht länger mit Essattacken zu kompensieren.
Dabei wird der Patient zunächst gebeten, ein Tagebuch zu seinem Essverhalten und psychischem Befinden anzufertigen. Dadurch bekommt der Arzt einen Eindruck von der Schwere der Esssucht und gegebenenfalls von weiteren psychischen Problemen. Zudem können so Informationen über die auslösenden Momente der Essattacken gewonnen werden.
Psychotherapeuten unterstützen den Patienten dabei, sein Selbstwertgefühl zu verbessern und vermitteln Methoden zur Stressbewältigung. Gemeinsam mit Ernährungstherapeuten lernt der Patient sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Auch soll hier gelernt werden, sich regelmäßig und nicht mehr unkontrolliert zu ernähren
Eine durch den Arzt neben der Esssucht diagnostizierte, akute Depression kann sich negativ auf die kognitive Verhaltenstherapie auswirken, da der Patient aufgrund seiner Depression häufig nicht die psychische Kraft hat, sich auf diese Therapien zu fokussieren. In solchen Fällen sollte zunächst die Behandlung der Depression im Vordergrund stehen.
In Deutschland ist kein Medikament explizit für die Behandlung einer Esssucht zugelassen. Bei Diagnose einer Depression kann gegebenenfalls der Einsatz von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNI) sinnvoll sein. Diese wirken antidepressiv und antriebssteigernd. Zudem konnte ein positiver Einfluss auf die Häufigkeit der Essanfälle festgestellt werden. Da die Langzeiteffekte von Psychopharmaka im Hinblick auf einen Einsatz bei Esssucht nicht hinreichend erforscht sind, kann eine langfristige Verordnung nicht empfohlen werden.
Das Bonner Zentrum für Essstörungen e. V. bietet eine telefonische Sprechstunde mit Auskünften zu den verschiedenen Hilfsangeboten.
Guido Maiwald